Trike Globetrotter

VON RIO DE JANEIRO BIS ZUR HAUPTSTADT BRASILIA

Abflug in Tio – Barra

Heute ganz frueh am Morgen verlassen wir unser kleines Inselmimiparadies Gigoia. Dieses liegt inmitten von Rio ist aber nur per Boot zu erreichen und es hier weder Autos noch Mopeds. Jeder kennt jeden und wir haben hier herrliche Ausblicke auf Rios Berge. Hier herrscht himmlische Ruhe und man vergisst das man inmitten einer Grossstadtmetropole ist. Sowie man mit dem kleinen Holzboot uebersetzt ist man in einer anderen Welt. Hier fuehrt die Strasse Los Americas eine viel befahrene Hauptstrasse entlang. Baustellenlaerm vom U-Bahnerweiterungsba, Verkehrslaerm, hektische Menschen verschaffen einem erst einmal einen kleinen Kulturschock und man moechte am liebsten gleich wieder zurueck auf das kleine Holzboot fluechten. Aber nicht fuer uns. Heute ist endlich unser Flugtag, Brasilia ruft! In 4 Flugtagen wollen wir in Brasiliens Hauptstadt sein.
1. Flugtag von Rio de Janeiro nach Sao Joao de Rei und nach Divinopolis

5.00 Uhr treffen wir am Clube de Aeronautica ein, wo unser kleiner Mosquito steht. Noch ist keine Menschenseele hier. Der Club oeffnet ja auch erst 9.00 Uhr. Aber wir lieben es mit dem ersten Sonnenlicht am Morgen abzuheben und geniessen die Stille. Nur das brummen der Helikopter vom nahegelegenen Jabaquara Flughafen, welche unermuedlich die Arbeiter zun den Oelplattformen hinausfliegen und zurueck dringt in unsere Ohren. Andreas schreitet zum 3. Mal die Graspiste ab. Wir sind zu schwer, sagt er immer wieder. „Schatz, die Piste ist 450 m lang, wir hatten schon viel kuerzere. Denke mal an Alfreados Sandpiste in Puerto Penasco in Mexico zurueck, wo wir fast im Kaktus gelandet waeren“, versuche ich ihn zu beruhigen. Doch die Anspannung bleibt. 6.30 Uhr ist es dann soweit. Einsteigen. Motor warm laufen lassen. Vollgas! Nun beisse auch ich die Zaehne zusammen und denke, komm schon – los heb ab. Doch bereits 100 Meter vor der Linie sind wir in der Luft. Auf unseren Gunther ist eben Verlass.

Ein letzter Blick auf Rio

Das Wetter scheint perfekt zu sein. Kein Wind, kein Regen und so frueh am Morgen auch noch keine Thermik. Denkste! Ueber den Hochhaeusern am Barra Strand werden wir ordentlich durchgeruettelt. Aber danach beruhigt sich alles und wir geniessen einen letzten Blick auf Rios weite Straende, gruene Berge samt Zuckerhut, Christus, die weiten Baufelder wo die neuen olympischen Einrichtungen entstehen. Wir fliegen bereits im Korridor Charly als ich meinen Augen nicht traue. Direkt vor uns kommt uns einer von den ganz grossen Voegeln entgegen geflogen. „Traffic 12Uhr“ schreie ich ins Microfon. „Was“ fragt Andreas zurueck. Oh ne. „Traffic 12 Uhr“ schreie ich erneut. Nun sieht Andreas die Boing auch, aber diese dreht schon links weg und ist keine Gefahr mehr fuer uns. Puh, hier ist aber auch viel los in diesen Korridoren. Die zu ueberfliegenden Berge, vor denen uns alle Piloten hier gewarnt haben, sind kein Problem. Wenn ich da an die Anden oder Mexicos Berge zurueckdenke, das war schon eine andere Herausforderung. Die Landschaft unter uns besteht nun aus hunderten von gruenen Huegeln, so wie im Schneewittchenland. Brasilien haette ich mir so nicht vorgestellt. Ohne weitere Vorkommnisse landen wir in Sao Joao de Rei.

Entzueckt, endecken wir dieses huebsche Kolonialstaedtchen im Bundesstaat Minas Gerais. Der historische Stadtkern lockt mit seinen huebschen Plaetzen, gut erhaltenen Haeusern, Kirchen, den kleinen Gassen und huebschen Cafes. Auch wir fruehstuecken erst einmal kraeftig im kleinen Cafe Rosita und werden freudig begruesst: „Ihr seid die ersten Deutschen in meinem Cafe, Herzlich Willkommen!“ Wir probieren alle Gebaeckteilchen, die die Auslage hergibt. Mein Lieblingsteilchen ist eine Art Teigball mit Huehnchen gefuellt, den Namen habe ich leider vergessen.

Von Sao Joao de Rei gelangt man auch mit der alten Dampflokomotive Maria Fumaca ueber die historische Eisenbahnstrecke, entlang herrlicher Landschaften nach Tiradentes, einem kleinen Kuenstlerort. Doch wir muessen weiterfliegen, schade hier waeren wir gerne etwas geblieben.

Je mehr wir uns von Rio ins Landesinnere entfernen, um so heisser und trockener wird die Luft. 36 Grad im Schatten zeigt das Thermometer an. Kein Wind, keine Wolken. Wir quaelen uns in die schoen warmen Fliegerklamotten. „Was solls die 1,5 Stunden, die schaffen wir schon“. 16.00 Uhr heben wir zum zweiten Mal heute ab. Doch was ist das? Unser Trike tanzt wie ein Tennisball durch die Luft. Mann, mit so starker Thermik haben wir nicht gerechnet. Andreas kaempft. Ich sehe wie er immer wieder die verkrampften Haende lockert und wuerde am liebsten mit anpacken. 17.30 Uhr landen wir in Divinopolis. Geschafft! Hier ist Avgas, hier ist euer Hangar und mit ein junger Flugschueler mit seiner Freundin faehrt uns in die Stadt auf einen Acai. Ich liebe dieses lilafarbene Zeug, das von den Fruechten einer Palme aus dem Amazonasgebiet gewonnen wird und mit Wasser verarbeitet als eine Art Eiscreme (pueriertes, gefrorenes, Fruchtmark) oder Saft gereicht wird. Andreas liebt das erst nachdem er das ganze mit reichlich Schokostreuseln, Bananen und Kondensmilch verfeinert hat. Dabei sagt man der Frucht nach, das diese Sexuell Stimulierend und Entschlackend wirken soll.

Hügellandschaft

2. Flugtag von Divinopolis nach Partos de Minas
4.50 Uhr ring, ring, ist die Nacht vorbei. Routine setzt ein. Packen und der junge Flugschueler bringt uns zum Flughafen. Mit dem Flugplan, das erledigen wir heute auf brasilianische Art und fliegen ohne. Das spart enorm viel Zeit und noch mehr Nerven. Es ist ein ruhiger Flug, die Landschaft wird sehr trocken, fast trist. Ausser einiger grossen Minengebebiete gibt es nicht soviel Spannendes zu sehen. Gegen 9.00 Uhr landen wir. Da steht eine grosse Menschenmenge mit Fahnen und Plakaten. „Ist das unser Empfangskommitee?“, witzeln wir herum. Nein, natuerlich nicht, das ist wohl eher fuer einen der Hunderten angehenden Praesidentschaftskanditaten hier, denn Brasilien steckt im Wahlfieber. Aber zwei interessieren sich doch fuer uns und auch die regionale Presse. Gunther bekommt sofort einen Hangar, der regionale Polizeichef faehrt persoenlich mit uns Benzin und Geld holen und dann wartet man in der Flughafencantine schon mit dem Mittagessen auf uns. So eine richtig dicke, schwarze Mama mit Haarnetz und Schuerze und einem breitem Lachen zeigt uns ihre grossen Toepfe. Ich sehe Bohnen, Lorbeer, Wuerstchen, Speck, Knochen und dicke fette Schwarte in dem Topf herumschwimmen. Ich lasse Andreas den Vortritt und angele mir ein paar Bohnen und Wuerstchen aus dem Topf. Dazu gibt es Reis, das gruene Gemuesezeug – sieht aus wie Algen, Tomaten, Orangen, Rindfleisch und ein kaltes Bier. Uns schmeckts in der Gesellschaft hier supergut. Am Abend zeigt uns der Polizeichef die Stadt. Es ist kein touristischer Ort und es gibt auch nicht wirklich etwas zu sehen, aber wir lernen seine Nachbarn und andere nette Leute kennen. Wir sind eigentlich noch vom Mittagessen satt, aber die bereits 3. Einladung in die Stadtbeste Lanchonette (Imbiss) koennen wir nicht ausschlagen. So wie die Lanchonette Zeppelin hat auch jeder Burger und jedes Sandwich einen Flugzeugnamen. So werden wir unserem Ultraleichtflugzeug heute untreu, das ist naemlich der kleinste Burger, und bestellen uns lieber einen Helicoptro.

Da waren sie wieder unsere Kornkriese, nur diesmal in rot.

3. Flugtag von Partos de Minas nach Unai
Der Sicherheitsmann vom Flughafen holt uns am Morgen, Sonntagmorgen, 5.30 Uhr ab. Nanu da sind ja schon so viele Autos am Flughafen und Kaffeeduft? Dieses Mal sind die 20 Leute wirklich wegen uns da um uns zu verabschieden. Beim Vorbereiten des Trikes sind alle Augenpaare auf uns gerichtet. Noch nie hatten wir soviele Zuschauer. Das mach mich etwas nervoes. Schnell noch ein Gruppenfoto und dann geht es auch schon los. Die Landschaft bleibt eher trist. Felder, weite Flaechen, hier und da ein See oder Fluss. Strecke machen heisst unsere Devise. Die Piste in Unai ist ebenfalls riesengross. Dabei gibt es auch hier nur wenige private Flugzeuge. Aber das Willkommen ist hier ebenso herzlich wie bei den vorangegangenen Etappen. „Wil – der Fliegende Hollaender- das ist mein Freund und nun auch ihr“, sagt Bruno. Kommt rueber in meinen Hangar und Avgas habe ich hier auch. Wir geniessen auch hier die unglaubliche Gastfreundschaft und werden von einer japanischen Familie zum Mittagessen und in ihr Haus eingeladen. Die Japaner trinken Whiskey, wir bleiben lieber bei Bier. Den Rest des Tages muss alles neu geladen, sortiert und fuer den morgigen Weiterflug vorbereitet werden. Unai selbst hat keine Attraktionen, hier dreht sich alles um die Landwirtschaft. Morgen werden wir Brasilia erreichen.

Großwaschtag am Flughafen

4. Flugtag Unai nach Brasilia
Heute dann doch lieber mit Flugplan, denn bestimmt ist in Brasilia soviel los wie in Rio, dachten wir uns. Also rief Andreas beim Zustaendigen in Brasilia auf dem Flughafen an. „Wo wollen Sie abfliegen? In Unai? Das geht nicht, das ist keine zugelassene Piste!“ „Oh scheisse und nun?“ „Tragen wir doch einfach ZZZZ ein“ sagte der Bearbeiter. Zum Glueck konnte man mit dem reden, das waere ja beinahe in die Hosen gegangen. Der Flug ist ruhig, das Morgenlicht erstrahlt, entspannt flattern wir in Richtung Hauptstadt. Als erstes erspaehe ich den Digital TV Tower – mit seiner Blumenform und dann die Silhouette der Stadt. „Wo ist denn die Piste?“, reisst mich Andreas aus meinen Gedanken. Davorne, die geht aber steil bergauf. Mit einem dreifachen bongs, bongs, bongs setzen wir auf, was meinen Kapitaen sehr aergert. Dabei hat es keiner gesehen. Trike in den Hangar, Appartment im Hangar bezogen und auf zur Stadtbesichtigung.
Brasilia ist eine sehr junge Stadt. Sie ist naemlich erst rund 50 Jahre alt, erzaehlt uns unser privater Stadtfuehrer. Sie ist mehr oder weniger auf dem Reissbrett entstanden. Verantwortlicher Stadtplaner war Lúcio Costa. Der Architekt Oscar Niemeyer trug als Chef des staatlichen Bauamtes die Verantwortung für das Projekt Brasília und entwarf die öffentlichen Gebäude. Schutzpatron der Stadt ist Johannes Bosco. Don Bosco hat in einer Prophezeiung am 30. August 1883 von einem „versprochenen Land, in dem Milch und Honig fließen werden“ als Quelle einer neue Zivilisation gesprochen und auch Koordinaten „zwischen den Parallelen 15 und 20“ erwähnt. Darauf nahmen die Gründer der neuen Hauptstadt Brasiliens Bezug.

Landeanflug in Brasilia

Als Grundriss für die Stadt wurde die Form eines Kreuzes gewählt. Die Unterlagen Costas zum städtebaulichen Wettbewerb trugen damals den Namen Plano Piloto. Wegen der Ähnlichkeit der Stadtanlage mit dem Umriss eines Flugzeugs und der Bezeichnung Plano Piloto wird aber oft davon ausgegangen, dass der Plan auf die Darstellung eines Flugzeugs zurückgeht. Von anfangs ca. 36000 Einwohnern leben heute in Brasila ca. 2,9 Mio. Einwohner. Die Architektur ist beeindruckend und modern wie z.B. die Kathedrale, der Congresso Nacional, der Präsidentenpalast, der Oberste Gerichtshof und als neuestes Gebäude ein Pantheon zur Erinnerung an Tancredo Neves (1910–1985) – ein Mahnmal für die Demokratie sowie der Amtssitz des Präsidenten, der Palácio do Planalto ……….. .

Aber auch hier muessen wir weiterziehen, in Richtung Amazonas, das naechste grosse Etappenziel ist Belem.

Viele Gruesse eure Trike Globetrotter
Doreen

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