Trike Globetrotter

ENDLICH… WIR HABEN DIE GEWALTIGEN, SCHNEEBEDECKTEN ANDEN ERFOLGREICH ÜBERQUERT!

11.April 2014, 16.12 Uhr – Anruf beim meteorologischen Institut, Abteilung Flugwetter, Puerto Montt / Chile.

„Hallo Andreas, Morgen früh wird noch starker Nebel in Puerto Montt sein aber am Nachmittag sehe ich vom Wind und der Bewölkung ein kleines Wetterloch für Dich über den Anden“

„Okay dann komme ich so gegen 11 Uhr zum Flughafen? Reicht das oder soll ich früher kommen“

„Ja 11 Uhr, vorher hat das keinen Sinn. Tschüss“

12.April 2014, 07.28 Uhr – Ich werde auch ohne Wecker wach, sehe aus dem Fenster und … kein Nebel, dafür Sterne und einen Vollmond. Ich springe mit 200 Blutdruck aus dem Bett und rufe das meteorologischen Institut an:

„Morjen wie ist das Wetter bei Euch?“

„Freier Himmel, kein Wind. Berge frei, keine Wolken auch in Argentinien. Nur in den Bergen etwas Wind. Komm so schnell Du kannst“

Ich könnte die Dame von gestern würgen. Leider war Schichtwechsel und daraus wird wohl nichts werden. Umgehend rufe ich bei der Flugaufsichtsbehörde in Chile an, die jetzt schnell die Beamten vom Zoll und der Ausreisebehörde aus dem Bett klingeln müssen, damit die wegen uns schnell zum Flughafen kommen. Auch verschicke ich noch schnell ein eMail nach Bariloche / Argentinien und bestelle auch hier extra nur für uns die Beamten vom Zoll und der Ausreisebehörde zum Flughafen.

Dicht am aktiven Osorno Vulkan vorbei.

Nun wartet ein ganz neues Problem auf uns… unser Segel ist vereist und muss erst auftauen! Okay wir müssen eh erst die ganze bürokratischen Hürde hier nehmen. Zoll, Ausreisestempel im Paß, Flugplan… um 9.42 Uhr sind wir fertig zur Ausreise. Unser Trike ist inzwischen auch bepackt und jede Schraube von mir überprüft. Auch das Segel ist vom Eis befreit und halbwegs trocken.54 Minuten später fährt das Taxi am El Tepual International Flughafen vor. Meine Freunde vom meteorologischen Institut zeigen mir die Grafiken der Hervorsagen an ihren Bildschirmen. Zur Zeit sind es auf 1.400 Meter Höhe 0°C und erst am Nachmittag steigt das auf 2.000 Meter. Auch der Wind wird am Nachmittag nachlassen. Zur Zeit ist es noch recht windig in den Bergen. Wolkenfrei soll es den ganzen Tag sein.

Wieder zu meinen Freunden vom meteorologischen Institut. Lage ist immer noch die gleiche. Ich beschließe mit dem Flugzeug zum anderen Ende des Flughafens zu fahren um den Tank gänzlich voll zu machen. Es fehlen nur 4,5 Liter aber Flugzeugbenzin (AvGas) hat 99,6 Oktan und ich habe zwei Monate altes 95 Oktan Autobenzin im Tank. Die Oktanzahl baut sich ab, wenn Benzin lange im Tank ist. Wenn die Oktanzahl unter 92 geht, könnte der Motor kleine Aussetzer haben. Da würde ich einen Herzinfarkt bekommen wenn uns das über diesen riesigen Bergen ohne Notlandeplatz passiert. Der Motor springt sofort an – was für ein tolles Gefühl. Der Tower genehmigt meinen Ausflug vorbei an den riesigen Airbussen der LAN zur „Tankstelle“. Der Tankwart grinst als ich ihm sage das ich 4,5 Liter haben möchte. Er betankt die anderen Flieger ansonsten nur ab 1000 Liter.

10.36 Uhr. Wolken ziehen auf. Die Anden kann ich nun schon gar nicht mehr sehen. Wieder zu meinen Freunden vom meteorologischen Institut. Die wundern sich – raten mir aber noch weiter zu warten. Doreen und ich schauen uns an. Nein wir wollen nicht mehr warten. Das ist unser Tag und wenn noch mehr Wolken aufziehen, dann kommen wir heute hier nicht mehr weg.

10.48 Uhr – Einsteigen, Küsschen und hoch geht es! Die Wolken sind schon recht dicht und ich schraube mich zwischen gewaltigen Cumulus Wolken hoch. Ganz dicht an den Wolken dran. Der Flug fängt schon gigantisch an!

Eine halbe Stunde später erreichen wir auf 2.100 Meter Flughöhe den aktiven Osorno Vulkan. Was für eine Aussicht! Es hatte die letzten zwei Nächte geschneit und der Schnee des 2.800 Meter hohen Berges lag bis auf 1.200 Meter runter. Aber nun ging der Wind der über die Anden strömt los und wir wurden von einige Böen erfasst. Mein Blick geht nach unten. Noch sehe ich kleine Felder wo ich meinen Flieger sicher runter nageln kann. Aber nee – hier müssen wir heute einfach durch!

Der Nahuel Huapi See – am anderen Ende muss Bariloche sein!

Der Blick ist einmalig und mir ist nicht kalt, da mein Blutdruck das Blut im Körper schnell rasen lässt. Einige riesige türkisfarbene Bergseen sind nun unter uns. Herrlich. Am Ufer geht es schnell steil nach oben und ab nun hilft nur auf dem Motor hoffen. Denn notlanden kann ich mein Ding nun nirgendwo hier die nächste Stunde. Immer mehr schneebedeckte Berge sind zu sehen. Wo soll denn da Bariloche sein?

Die Anflugkontrolle in Chile übergibt mich zum Tower nach Bariloche. Eine freundliche Dame heißt uns willkommen. Na wären wir mal schon sicher unten. Denn eine zweite Welle von minutenlangen starken Böen erfordert alle meine Kraft uns oben zu halten. Wird das gut gehen? Ich sage Doreen das wir nun über Argentinien sind und mein Hof-Fotograf schreit „Yuhuuuuuuu“ so laut sie kann. Auch Doreen ist heilfroh das wir doch noch vor dem Winter Patagonien über diese verflixten Berge kommen!

„Hey Junge, nun musst du nur die Kiste noch sicher eine Stunde hoch halten“, denke ich mir!

Endlich lassen die Winde nach und ich sehe einen langgestreckten Bergsee. Das ist auch der Grund warum ich heute Schwimmwesten anlegen hab lassen. Der führt uns sicher nach Bariloche! Das hatte ich mir genau auf den Flugkarten aber auch auf Google Earth angesehen. Und tatsächlich! In 60 Kilometer Entfernung hört der See auf und eine kleine Stadt ist südlich des Sees zu sehen – Bariloche! Dahinter muss der Flughafen sein. Und ja – da ist er. Noch 42 Minuten und mir laufen Tränen über die Wangen. Ich schiebe mein Mikro weg vom Mund. Doreen muss das ja nicht hören. Das war solch ein Druck die letzten Wochen. Solch einen Druck genau den Tag und die Stunde, ja die Minute zu wählen, um uns sicher über diese gewaltigen Berge zu bringen. Und nun haben wir es gleich geschafft.

Um 13.09 Uhr und 51 Sekunden landen wir auf dem San Carlos de Bariloche Flughafen in Argentinien – weich, butterweich! Wieder Mikro weg vom Mund. Nun muss ich schreinen. Schreien vor Glück. Wir haben es geschafft!

Zoll und Paß in den Stempel geht schnell und völlig unbürokratisch. Auch die Flugaufsichtsbehörde Argentiniens hat gute Nachrichten für uns: Keine Gebühren für uns in Argentinien und die tauschen gleich zur Schwarzmarktrate unsere USD um! Super! Meine Finanzministerin ist  zufrieden und… ja aber ich noch nicht. Ich will gleich wieder hoch! Gleich noch eine Etappe weiter! Treibstoff reicht noch für einen Flug nach San Martin de los Andes, ein kleines Bergdorf entlang der Anden. Der freundliche Metereologe, der gerade sein kleines Kind auf einigen Stühle zum schlafen gelegt hat, sagt uns das es windstill ist auf der Strecke – super!

Wieder geht es hoch. Aber was ist das? 20 km/h Wind! Normalerweise gehe ich da nicht mehr hoch. Aber ich will es probieren und tatsächlich wird es oben ruhiger. Naja wenigstens die ersten 23 Minuten. Dann erfassen uns extrem starke Windböen. Unter uns nur Wüste, riesige Steine. Normalerweise fliegen wir mit 100 km/h…. nun 189 km/h! Mit einem solchen Wind bringe ich meinen Flieger nie zum landen! Ich verfluche den Meteorologen und stelle die Frequenz des Zielflughafens ein. Nichts – keine Antwort! 12 Minuten fluchen- laut, sehr laut! Dann endlich meldet sich der Tower. Es spricht kein Englisch. Okay dann in Spanisch. Ich brauche gute Nachrichten von dir gebe ich ihm zu verstehen. „Absolute Windstille hier“, kommt es aus dem Funk vom Tower! Puhhhhh…

Sicher landen wir und nun habe auch ich heute genug vom Fliegen! Ein Geschäftsmann lässt unser Trike in seinen Hangar. Was für freundliche Leute hier! Das hat der kleine Flieger auch verdient! Uns bringt es noch die 28 Kilometer in die Stadt und gleich in ein kleines Hotel. Gut so, denn wir beide sind geschafft. Duschen, neue Kleidung an und ab zum Abendessen. Wir belohnen uns mit einem Dreigängemenü in einem netten, gemütlichen Restaurant mit offenem Kamin und … unserer ersten Flasche argentinischen Rotwein.

Es sollte nicht die letzte sein….

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