Trike Globetrotter

BOXENSTOPP IN PUERTO RICO

Innerhalb eines Tages standen wir nun erst mit dem rechten Fuß und dann mit dem Linken im Gefängnis. Das stelle ich mir weder auf den Britisch Virgin Islands noch in Puerto Rico sehr prickelnd vor. Und dabei fing der Tag an wie ein ganz normaler Flugtag.

Ich öffne meine Augen und schließe Sie gleich wieder. Ich blinzele in den Himmel. Dicke, fette, graue, sich kilometerhoch auftürmende und bereits die halbe Insel  umschließende Kumuluswolken soweit mein Auge sieht. Regenwolken. Ich träume noch, ganz bestimmt! Ich reibe meine Augen, aber Sie bleiben, die Wolken, groß, hoch, grau und bedrohlich. Mensch was ist denn bloß los mit dem Wetter. Keine Vorhersagen stimmen. Auf wen oder was soll ich mich denn noch verlassen! „Schnuddelbacke zieh dich an, wir gehen trotzdem zum Flughafen!“

Wir steigen die Stufen zum Tower empor, rufen die Meteorologischen Institute in Anguilla und in Puerto Rico an. „Ja das ist Hurricansaison, da haben wir morgens oft Regenschauer. Wartet noch etwas.“

7.00 Uhr – Blick in unsere Flugrichtung

Flugzeug fertig packen oder nicht!? Die ersten Regentropfen fallen. In allen Richtungen, aber insbesondere in unserer Flugrichtung, regnet es wie aus Eimern. Wunderschöne Regenbogen erheben sich um uns herum in den Himmel. Es wird nicht heller. Es klart nicht auf. Warten oder nicht!? „Schnuddelbacke, was meinst Du?“ „Ich sehe nur grau und Regen. Bei solchen Wolken sind wir noch nie losgeflogen.“ Ja, Sie hat ja Recht. Abbruch oder sollten wir doch besser noch warten? 8.00 Uhr, es wird nicht freundlicher. Das Regensystem hat sich genau über uns festgesetzt und zieht langsam, ganz langsam genau in Richtung Puerto Rico. „Abbruch!“, entscheide ich völlig resigniert. Ich sage dem Tower bescheid das wir heute nicht fliegen, stoppe das EAPIS und rufe Gerardo in Puerto Rico an, das er nicht auf uns wartet.

„Wunderschöne Regenbogen“ – überall!

Wir laufen gerade zum Ausgang des Flughafens als uns der Beamte von der Einreisebehörde stoppt. Wir müssen ihm erklären warum wir immer noch da sind, er nickt verständnisvoll und schickt uns zu seinem Supervisor ins Büro. Oh, der guckt aber ganz und gar nicht verständnisvoll. „Ihr fliegt also heute nicht? Warum nicht?“ Ich zeige ihm Bilder von unserem Flugding und erkläre das wir bei diesem Wetter auf keinen Fall fliegen können. „Dann habt Ihr ein Problem. Euer Aufenthaltsvisa ist seit drei Tagen abgelaufen, ihr hättet das verlängern müssen! Ohne gültiges Visa geht Ihr ins Gefängnis!“ „Der meint das ernst!“, mir rutscht das Herz in die Hose. „Aber wir haben doch extra bei der letzten Wiedereinreise……“ „Sei still, das hilft uns jetzt nicht“, fahre ich Doreen ins Wort. „Sir, das tut uns wirklich sehr sehr leid, was können wir denn da jetzt machen?“ Ganz entgegen meiner Natur mache ich den Reumütigen und verbeuge mich fast. „Ich kann euch den Stempel nicht geben, da müßt Ihr in die Stadt ins Hauptbüro, aber heute ist Feiertag und ich habe keine Ahnung wie Sie dort reagieren!“ Mir kommt eine Idee:“Und wenn wir mit der Fähre ausreisen, nach St. Thomas, und anschließend wieder einreisen, dann bekommen wir ein neuen Einreisestempel, oder?“ „Ja, das ist wohl die beste Lösung“, sagt der Officer, „Bleibt zwei, drei Tage in den US Virgin Islands und dann kommt Ihr zurück.“ „Das ist eine Scheißlösung“, flüstert mir Doreen ins Ohr, „schließlich haben wir das Prozedere gerade erst hinter uns um den Einreisestempel für die USA abzuholen und das hat alles zusammen 250 USD gekostet. 250 USD nur für die Fähre und die Ein- und Ausreisegebühren.“ „Du hast ja Recht, aber das ist immer noch besser als Gefängnis.“ Der Officer lässt uns passieren.

Andreas, der moderne Don Quichote und der Kampf mit den Windmühlen

„Bevor wir jetzt überstürzt zur Fähre rennen, brauche ich einen Kaffee“ „Ja ich auch“, sagt Doreen. Wir setzen uns in das kleine Flughafenrestaurant und ich hänge sofort wieder über meinen Wetterkarten. Doreen ist müde und hat keine Lust auf diesen erneuten Ausreise- Einreisestempelausflug. Ich auch nicht. Wir lassen uns Zeit, der Himmel wird freundlicher. 9.00 Uhr ist der Himmel blau. Auch der Wind hält sich im Rahmen des Möglichen. Nochmals ein Anruf beim Meteorologen: „Schnuddelbacke es geht los! Wir versuchen es!“ Doreen ist begeistert, fallen doch dann die ungeplanten Zusatzkosten und das Gefängnis weg.

Sie packt wie der Wind,  springt in die Klamotten und ins Trike. Wer wieder nicht fertig wird bin ich. Die Schwimmweste ist verkuddelt, die Taschen noch offen, der Gurt wo ist der Gurt! Ca. 1,5 Stunden Flug von Beef Island nach Ceiba in Puerto Rico liegen vor mir. Das ist nicht so lang, aber 1,5 Stunden über das Wasser machen mich nervös. Jedes mal wieder!

Flug von Puerto Rico, Ceiba, nach Humacao in Puerto Rico

Dann springt der Motor an: „N217TG an Tower, würden Sie bitte meinen Flugplan öffnen!“ Tower:“N217TG, kein Problem der Flugplan ist geöffnet.“ Wir erhalten Startfreigabe und los gehts. Es war keine Zeit mehr Gerardo anzurufen und auch keine Zeit das EAPIS – die Einfluggenehmigung für die USA bzw. Puerto Rico – neu einzureichen. Die verlangen ohnehin eine Vorlauffrist von 24 Stunden.

Wir fliegen Tortolas Nordküste entlang, vorbei an St. Thomas und St. John. Passieren den internationalen Flughafen von St. Thomas. Wir holen die Wolken ein, aber es regnet nicht. Viele Segelboote schippern zwischen den Inseln umher. Aber wir sind schneller. Doreen macht im Geiste ihre visuellen Fotos, denn heute war auch keine Zeit mehr die Kameras anzubringen. Die Zeit vergeht wie im Flug. Bald schon kommt die Küste von Puerto Rico in Sichtweite und ich beginne mit dem Landeanflug auf Ceiba. Ceiba war bis vor kurzem ein militärisch genutzter Flughafen der US Armee. Nachdem die Amerikaner hier abgezogen sind ist er nun als internationaler Flughafen Puerto Ricos deklariert. Einen Tower gibt es hier nicht. Die Landebahn ist groß, lang und breit. Und das ist gut, denn Windböen spielen mit uns wieder einmal Ping Pong. Wir werden hin und hergeschleudert und nach unten gesogen. Ich gebe Vollgas. Das Trike stabilisiert sich, doch wir werden seitlich, links über die Landebahn hinausgeschoben. Gegenlenken. Die Lichter der Landebahn kommen genau auf mich zu, da setze ich schon auf, noch einmal Gegenlenken und die Lichter bleiben heil und wir auch. Eine Scheißlandung, ich weiß, aber eh wir sind in Puerto Rico!

Landeanflug Humacao

Die Dame von der Einreisebehörde, die überraschend noch da ist, kommt energischen Schrittes zu uns. Das riecht nach Ärger. „Ihr habt kein EAPIS!“, sagt sie streng. „Sorry Madam, ich habe gestern alles gemacht, aber dann war das Wetter so schlecht und wir konnten nicht wie geplant fliegen.“
Ich rede wie ein Wasserfall über unsere Abenteuer, das wir alles verkauft haben, meine Kinder, wie glücklich wir sind in diesem wunderschönen Land zu sein und ja die Latinos, das sind die Menschen mit dem großen Herzen und mit unglaublicher Lebensfreude, ich lebte ja auch…..“ Sie lacht, füllt das hier aus, das Gepäck muß ich durchsehen und Ihr habt Glück das ich noch hier bin. Als Sie uns die Einreisestempel in die Pässe knallt, kehrt Ihre ernste Miene zurück:“Ich erteile euch jetzt eine mündliche Verwarnung. Hier einzufliegen ohne gültiges EAPIS ist ein schweres Vergehen und kann auch Gefängnis bedeuten. Von einer schriftlichen Verwarnung sehe ich dieses Mal ab. Aber wenn das noch einmal vorkommt kann euch keiner mehr helfen, Gefängnis und Einreiseverbot für die USA ein Leben lang, Ihr versteht mich!“ Sie wirft einen schnellen Blick in unseren blauen Gepäcksack und sagt: „Das Schampoo ist ausgelaufen, riecht aber gut.“ Das weitere auspacken erspart sie uns. Puerto Rico wir lieben dich!

Inspektion – Walther und Andreas bauen das Segel auseinander. Jede Schraube muß ausgetauscht werden.

Wir werden nun einige Zeit hier in Puerto Rico in Humacao benötigen, denn die 100 Stunden Inspektion am Trike steht an. Hier wird nicht nur der Ölwechsel und die Motorendurchsicht fällig, sondern auch das ganze Segel muß auseinander gebaut und geprüft werden. Und wir wollen natürlich Land, Leute, Kultur und Kulinarisches kennen lernen.

Kratz, kratz, kratz! Der alte Schutzanstrich hat ausgedient und muß runter damit wir den neuen aufbringen können. Zwei Tage lang hab ich nur mit meinen Fingernägeln den alten Anstrich vom Segel gekratzt! Dafür schuldet mir Andreas eine Manicüre.

Nachdem wir nun zweimal innerhalb eines Tages dem Gefängnis entronnen sind, habe ich auch gleich großen Hunger. Schließlich habe ich alles gegeben ob beim Flug oder verbal mit den Behörden. Puerto Rico ist das Land des Fast Foods. Hier gibt es alles von MC Donalds, Burger King, KFC, Churcks Chicken, Taco Maker, Wendys, Subway, Asia Express, Panda Express uvm.. Heute bin ich nicht wählerisch. In den nächsten Tagen werden wir auch die landestypischen Köstlichkeiten wie Tostones mit Camarones und eingelegtem Tintenfisch an den überall verstreuten Kioskos probieren, kleinen Straßenständen und einen gute Bacardi Cola. Hier wird überall Spanisch gesprochen und nicht wie ich dachte hauptsächlich Englisch. Die stolzen Puerto Ricaner versuchen sich bewußt von den USA abzuheben.

Jimmy, zertifizierter Rotax Mechaniker, prüft unseren Motor auf Herz und Nieren

Im Observatorium von Areciba steht das weltweit größte Teleskop, es gibt tolle Strände, Kutur in der Altstadt von San Juan, die abenteuerliche Routa Panoramica, die über die grünen, dschungelbewachsenen Berge führt, großherzige Leute und vieles, vieles mehr. Übrigens nennt man Puerto Rico auch die spanischen Virgin Islands.

Draußen 30 Grad, drinnen im Subway mein Alternativbüro gefühlte minus 10 Grad. Ich trage Socken, Schal, einfach alles was ich finden konnte. Nach einer Stunde Büroarbeit war ich am Stuhl angefroren.

Eure Trike Globetrotter

Andreas und Doreen

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